Bevor ich im vergangenen Januar meinen X3 bekam, fuhr ich einen MB 190 2.6, 15 Jahre alt, 290.000 km auf der Uhr, er hatte noch bis August 06 TÜV, und lief bis zuletzt so tadellos, dass er mir zu schade war zum Verschrotten. Das Kalkül: meine Töchter würden in diesem Jahr 18 und 20 Jahre alt, die jüngere hätte im Juli den Führerschein, und beide wollen dann und wann Auto fahren, und da ist doch ein alter Wagen besser geeignet als ein neuer... Aber die Töchter zeigten kein Interesse, der MB säuft wie ein verdurstender Wasserbüffel, und überhaupt ist der BMW auch viel cooler.
Und so lautete der Beschluss im Januar: MB abmelden (übernahm der Freundliche im Zuge der Anmeldung des Neuwagens) und ab mit der Kiste in eine Garage. Und da stand er seitdem vor sich hin. Bis letzten Freitag. Da erklärte meine Ältere, sie wolle den Wagen haben. Okay, dann mal los.
TÜV ist natürlich mittlerweile abgelaufen. Die übliche Tour war angedacht: Versicherung, zum TÜV, dann ggf. reparieren, erneut TÜV, Zulassungsstelle. Der Freundliche hatte beim Abmelden leider die alten Schilder weggeworfen; das zog er aber dadurch gerade, dass er uns seine roten Kennzeichen überließ. Also erst mal ab zum Händler und die roten Teile geholt. Dann zur Garage.
Starthilfe mit dem X3 mittels Batterieüberbrückung. Nichts. Der alte Anlasser gab keinen Mucks von sich, es fing aber im Motorraum verdächtig an zu schmoren und stank alsbald bedrohlich. Den alten Wagen aus der Garage schieben? Ging nicht. Es handelt sich um einen Automaten, und ich hatte beim Abstellen klugerweise und aus alter Gewohnheit die „P“-Stellung eingelegt. Folge: Bremse eingerostet. Obschon zwei Mann mit aller Kraft schoben, rührte sich das Auto nicht vom Fleck. Also mit brachialer Gewalt und vermittels Seil rausschleppen, und zwar mit dem X3. Schließlich ist der ein ziemlich gutes Zugfahrzeug. Und es könnte doch sein, dass sich auf der Schleppfahrt die Bremse spontan löst…
Denkste. Das alte Auto ruckelte, zuckelte, schlitterte so widerborstig und bockig hinter dem neuen her, als wäre es rasend vor Eifersucht auf seinen Nachfolger und empört über eine solch unzumutbare Schmach. Standhaft blockierte das linke Hinterrad, weshalb den Asphalt alsbald eine lange, malerische Gummispur zierte. Das bekam ich im Zugfahrzeug allerdings nicht mit, fuhr fröhlich weiter, und zwar so lange, bis wenig später der arme Reifen bis auf den Grund seiner Textilien abgeschabt war und seinen Atem aushauchte. Gottlob war die Straße wenig befahren, und es fand sich Platz, um das ganze Elend am Rand abzustellen. Uns blieb nichts anderes mehr übrig, als den Abschleppwagen zu rufen, der das Wrack an vier Gurten auf die Ladefläche hob und zur Werkstatt transportierte.
Heute Nachmittag die finale Diagnose: Reparatur unwirtschaftlich. Minimum: Bremsen vorne und hinten sowie Anlasser erneuern, es gibt Öl- und Kühlwasserverlust, Kosten: nicht unter 2000 EUR. Und wie lange bei dieser Fahrleistung noch der Motor hält, weiß niemand. Letzte Station? Der Verwerter.
Tja, vielleicht sollte ich mich beim nächsten Mal doch sachkundig machen und lernen, wie man ein Auto richtig einlagert.
Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass mein alter MB, der mir immerhin 10 Jahre die Treue gehalten hatte, ziemlich beleidigt war…
HG, A
Kommentar