Auf den Spuren der Goldgräber:
Im Wohnmobil von Whitehorse nach Dawson City
und auf dem Dempster Highway weiter ans Nordpolarmeer
Gerade mal gut hundert Jahre ist es her, dass der große Goldrausch Glücksritter aus aller Welt an den Yukon und den Klondike lockte. In Dawson City wird man heute noch auf Schritt und Tritt an diese wilden Zeiten erinnert. Von hier fahren wir dann hinauf durch die unendlichen Weiten der Northwest Territories bis zu den einsamen Dörfern der Inuit am Polarmeer
Eric zieht die knallrote Beaver mit den gelben Streifen in einer weiten, steilen Kurve nach oben. Vor drei Minuten sind wir mit dem kleinen Wasserflugzeug auf dem Lake Schwatka bei Whitehorse gestartet. Jetzt sehen wir tief unter uns den Yukon, der sich als türkisgrünes Band durch die grüne Landschaft windet…
Der legendäre Yukon. Der Fluss des Goldrauschs. Der Fluss der Trapper und Indianer, der Pelzhändler und der gigantischen Schaufelrad-Dampfer. Für viele ein Fluss ohne Wiederkehr. Seine Stromschnellen und Felsen sind zahllosen Menschen zum Verhängnis geworden. Trotz alledem zog er wie magisch immer wieder Tausende an, die sich hier oben, im wilden Norden Kanadas, Reichtum und schnelles Glück versprachen.
Der Yukon - nicht nur ein Fluss, er hat auch einer riesigen kanadischen Provinz seinen Namen gegeben. Teile dieser Provinz und der benachbarten Northwest Territories werden wir mit unserem Wohnmobil in den nächsten zehn Tagen durchqueren: auf unserer Reise hinauf ans Ufer des Nordpolarmeers.
Start ist an einem sonnigen Augustmorgen im geschäftigen Städtchen Whitehorse. Wir folgen einige Kilometer dem Alaska Highway, dann führt der Klondike Highway immer weiter nach Norden.
Traumhafte Blicke auf den rauschenden Yukon. Die berüchtigten Stromschnellen der "Five Finger Rapids". Kleine Indianerdörfer am Straßenrand. Endlose Waldgebiete. Am Abend ist die erste, 453 Kilometer lange Etappe geschafft. Ankunft in Dawson City.
Am Zusammenfluss von Yukon und Klondike gelegen, taumelte ganz Dawson um die Jahrhundertwende im Fieber des Goldrauschs. Dessen Spuren begegnet man auch heute noch auf Schritt und Tritt. Bunte Holzhäuser im Western-Stil, riesige Halden umgewühlter Erde. Eine der Attraktionen ist die "Dredge Nr. 4", ein gigantischer Schaufelradbagger, mit dem einst buchstäblich jeder Quadratzentimeter Boden entlang des Bonanza Creeks auf der Suche nach den heiß begehrten Nuggets umgepflügt wurde.
In den Saloons und Bars geht es immer noch fast so zu wie früher. Hoch fliegen die Röcke der Tänzerinnen beim Cancan in "Diamond Tooth Gertie's" Spielhalle. Ein Pianist hämmert seinen Honky Tonk in die Tasten, es wird gezockt, das Chilkoot-Bier fließt in Strömen.
Der nächste Morgen, eine neue Etappe. Und eine ganz neue Erfahrung: unterwegs auf dem berühmten Dempster Highway. Er zweigt etwas südöstlich von Dawson City vom Klondike Highway ab und führt über 740 lange Kilometer nach Norden - bis hinauf nach Inuvik, einem kleinen Städtchen der Inuit ("Menschen"). So nennen sich die Eskimos selbst, so wollen sie auch vom Rest der Welt genannt werden.
Der Dempster Highway wird bald zu einer "Gravel Road" - einer Schotterstraße, die sich durch viele Windungen und über mehrere Pässe durch die immer karger werdende Landschaft schlängelt. Wir sehen zur Linken die dramatischen Felsformationen der Tombstone Mountains, übernachten auf einem einsamen Campground nahe des Polarkreises bei Eagle Plains.
Überraschung am nächsten Morgen. Eine feine weiße Schicht bedeckt die Frontscheibe unseres Wohnmobils, Eiskratzen ist angesagt - mitten im Sommer. Aber als wir wenig später den Polarkreis überqueren, lacht schon wieder die Sonne vom Himmel, auch die Temperatur wird schnell angenehmer.
Ein steiler Pass - die Grenze zu den Northwest Territories ist überschritten. Zusehends spärlicher wird die Vegetation, immer kümmerlicher scheinen die Millionen Fichten, die den Straßenrand säumen. Langsames Dahingleiten. Eine Bewegung zwischen den Bäumen. Ein riesiger brauner Schatten. Dann sieht man ihn in voller Lebensgröße: einen ausgewachsenen Grizzly.
Ein kleines Inuit-Dorf: Fort McPherson. Jetzt sind es nur noch wenige Kilometer bis nach Tsiigehtchic. Hier überquert eine Fähre den mächtigen Mackenzie River.
Einsame, tiefblaue Seen. Fast schnurgerade zieht sich jetzt das graue Schotterband des Highways quer durch die leuchtende Tundra. Ein Ortsschild: Inuvik. Ein paar klei-ne Hotels, die berühmte "IgluKirche".
Inuvik - zunächst einmal Endstation. Weiter kommt man hier nicht mit einem Auto. Erst ab Oktober, wenn der Mackenzie River wieder zugefroren ist, führt eine Eis-Straße hinauf nach Tuktoyaktuk, das am Ufer des Polarmeers gele gen ist.
Also: Umsteigen in eine kleine Twin Otter. Eine Stunde in der Luft, nach der Landung werden wir von einem freundlichen Inuit-Guide empfangen, der uns durch sein Dorf führt. Ein paar schlichte bunte Holzhäuschen, bellende Schlittenhunde, Rentierfelle, die zum Trocknen aufgehängt wurden.
Dann kommt das, was hier oben alle Besucher machen: Schuhe und Strümpfe ausziehen und bis an die Waden hinein ins eisige Polarmeer - der berühmte "Ocean Dip" inklusive Foto. Der Beweis, dass man wirklich hier war. Denn weiter geht es nicht. In Tuktoyaktuk hat sogar der endlose Norden Kanadas ein Ende…
Copyright Fotos: Franz K. Schneider
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